Zero Waste im Alltag — 6 Blogger im Interview
Für einen nachhaltigen Lifestyle ist Müllvermeidung unentbehrlich. Zero Waste entwickelt sich langsam vom Trend zur breiten Lebensphilosophie — zugunsten unseres Planeten und unserer eigenen Gesundheit. Doch neben wiederverwendbaren Kaffeebechern und der Vermeidung von Plastikstrohhälmen kann noch viel mehr für einen nachhaltigeren Alltag getan werden. So sollte man zum Beispiel auch alte Haushaltsgeräte nur dann austauschen, wenn sich das energetisch lohnt. Oftmals verbrauchen ineffiziente Altgeräte wesentlich mehr Strom, als die Produktion eines neuen Elektrogeräts benötigt.
Wir haben mit Menschen geredet, die über das Stromsparen hinaus versuchen, ihren Alltag möglichst nachhaltig zu gestalten und ihren Fokus dabei auf Müllvermeidung setzen. Diese 6 Blogger geben tagtäglich Einblicke in ihren nachhaltigen Lebensstil und teilen ihr Expertenwissen. Dabei sind Shia von Wasteland Rebel, Michelle und Felix von Concection, Tati von InCapitalLetters, Manuela von Einfach Zero Waste leben, Anke von Wasteless Hero und Frau Schubert von Besser leben ohne Plastik. In einem Interview haben sie uns für euch verraten, wie man mit einem Zero Waste Lifestyle am besten beginnt, was sie dazu bewegt hat, weniger Müll zu verbrauchen und welchen besonderen Tipp sie euch für einen Zero Waste Lebensstil ans Herz legen können!
Shia von Wasteland Rebel
Seit 2014 beschäftigt sich Shia bereits mit dem Thema Zero Waste. Auf ihrem Blog Wasteland Rebel gibt sie Antworten auf alle möglichen Fragen rund um das Thema, teilt all ihre Tipps und zeigt nachhaltige Alternativen für den gesamten Haushalt auf. Auch in ihrem Buch begleitet sie ihre Leser auf dem Weg zu einem Leben ohne Müll. Wenn sie gerade nicht über Zero Waste schreibt, bloggt sie auf Cake Invasion! über ihre leckeren Kuchenrezepte.

1. Zero Waste ist Neuland für mich. Womit kann ich am besten anfangen?
Generell finde ich immer, dass es ja auch Spaß machen soll. Deswegen ist es immer gut, mit etwas anzufangen, auf das du gerade auch wirklich Bock hast. Vielleicht wolltest du ja schon immer mal ein paar DIY-Sachen für die Hautpflege ausprobieren? Oder du hast gerade einen Mehrweg-Kaffeebecher geschenkt bekommen und Lust, damit mal loszuziehen? Go for it!
Wenn du aber ein bisschen Inspiration brauchst, sind hier meine fünf Anfängertipps:
1. Jutebeutel einstecken, am besten unter den Schlüssel legen
2. Zum unverpackten Obst und Gemüse greifen, lose aufs Band legen
3. Glas und Papierverpackungen Plastik vorziehen
4. Mehrweg statt Einweg: Spüllappen statt Spülschwamm, Lappen statt Küchenrolle, waschbare Pads statt Wattepads
5. Sich mal fragen: Brauche ich das wirklich? Leg’s zurück und sag dir: Wenn ich es in einer Woche noch möchte, kaufe ich es nach. Du wirst es höchstwahrscheinlich wenige Stunden später schon vergessen haben.
2. Was hat dich überzeugt, einen Zero Waste Lifestyle zu starten?
Hanno – meine bessere Hälfte – und ich sind da wirklich nur reingerutscht. Zero Waste hatten wir allerdings gar nicht als Ziel. Wir fanden die Idee klasse und sehr bewundernswert, aber dachten wie so viele andere auch, dass sich das in Deutschland nicht umsetzen lässt. Es gab damals auch nur einen einzigen Unverpackt-Laden, und der war 500km weiter weg in Kiel. Ein weiterer in ebenfalls 500km entfernten Berlin war gerade dabei, aufzumachen. Aber bei der Entfernung sind das doch keine richtigen Einkaufsoptionen gewesen. Das war 2014.
Als wir aber anfingen, stolperten wir allerdings über immer mehr Möglichkeiten. Wir entdeckten Hausmittel für uns statt aggressiver Reiniger und Körperpflegeprodukte aus der Drogerie. Gerade ich als neurodermitis- und allergiegeplagtes Ding stand dem anfangs allerdings unglaublich skeptisch gegenüber. Stellte sich jedoch heraus, dass das das Beste war, was ich meiner Haut antun konnte! Und klar, das Herumprobieren war zum Teil echt etwas chaotisch und abenteuerlich, hat aber irre Spaß gemacht, da entdeckt man wieder das bastelfreudige Kind in sich. Ja, und jede einzelne Sache war auch echt viel unkomplizierter als wir es erwartet hätten, und irgendwie waren wir selbst überrascht, als nur noch so wenig Müll übrig blieb…
3. Was ist dein besonderer Tipp zum Thema Zero Waste?
Mit guter Laune ans Werk zu gehen und einfach mal zu machen. Wir waren überrascht, wie wenig es kommentiert wird, wenn wir wie ganz selbstverständlich beim Bäcker unseren Stoffbeutel rausholen und sagen: “Ach, wir brauchen keine Papiertüte, wir haben unseren eigenen Beutel dabei.” Nett und freundlich fragen macht natürlich viel aus. Und wenn du selbst Spaß daran hast, ist das einfach ansteckend! Wir bekommen so viel positives Feedback! Und natürlich kann ich gerade Anfängern mein Buch “Zero Waste: Weniger Müll ist das neue Grün” nur ans Herz legen, wenn ihr einen unkomplizierten, pragmatischen Einstieg möchtet. Alle Rezepte darin sind lächerlich einfach und schnell gemacht – ich bin nämlich eigentlich ziemlich faul…
Michelle und Felix von Concection
Auf Concection treffen Spiritualität, Gesundheit und Nachhaltigkeit zusammen. Die zwei Gründer bloggen nicht nur leidenschaftlich gerne über diese Themen, sondern bieten mit ihrer GbR auch Beratung zu einem nachhaltigen und bewussten Leben. Ihr Expertenwissen vermitteln Felix und Michelle durch Workshops, Vorträge und Bücher. Mit ihrer “Villa Kuntergrün” haben sich die beiden ihren Traum von einem Tiny House erfüllt.

1. Zero Waste ist Neuland für mich. Womit kann ich am besten anfangen?
Produkt für Produkt und Raum für Raum: So haben wir angefangen und können es nur weiterempfehlen. Michelle hat damals angefangen mit ihrem Deo. Wenn also eines deiner Produkte, welches du normalerweise verpackt kaufst, langsam ausgeht, dann suche nach einer unverpackten Variante (z.B. Obst ohne Plastikverpackung), einem Rezept zum Selbermachen (z.B. Deo) und überlege dir, ob du es überhaupt noch brauchst (z.B. Küchenpapierrolle).
Dafür braucht es etwas Zeit und Geduld, aber es bringt auch sehr viel Spaß zu sehen, dass es schon so viele tolle, nachhaltige Alternativen gibt.
2. Was hat dich überzeugt, einen Zero Waste Lifestyle zu starten?
Angefangen hat es bei der eigenen Gesundheit. Ein Artikel über schädliche Stoffe in Kosmetikartikeln hat Michelle motiviert, ihre Kosmetikprodukte selbst herzustellen. Auf Reisen hat sie danach sowohl wunderschöne Natur, aber auch zugemüllte Flächen gesehen. Als sie dann auf die Zero Waste Bewegung gestoßen ist und gemerkt hat, wie einfach es eigentlich ist, größtenteils müllfrei zu leben, hat es sie gepackt. Und als sie dann Felix kennengelernt hat, hat sie ihn gleich angesteckt.
Es ist für uns keine Option, unseren Müll an andere Länder zu verschiffen, wo Menschen darunter leiden, giftige Stoffe einatmen müssen und ihre Natur zugemüllt wird, wenn es für unsere eigene Gesundheit und für die Umwelt sowieso besser wäre, weniger Müll und Plastik zu konsumieren.
3. Was ist dein besonderer Tipp zum Thema Zero Waste?
Du brauchst kein Schraubglas, in das dein Müll reinpasst! Sprich, du musst nicht perfekt sein. Wenn dir die selbstgemachten Zahnpastas einfach nicht schmecken, dann gönn dir deine Zahnpastatube. Wichtig ist bloß, dass du dich auf den Weg machst und mit dir ganz viele andere. Denn so inspirieren wir die ganze Welt, müllfreier zu leben. Zudem habe ich noch nie so viele Komplimente für meine Küche bekommen: Zero Waste sieht einfach toll aus!
Tati von InCapitalLetters
Tati setzt sich im Alltag und auf ihrem Blog leidenschaftlich für das Thema Umweltschutz ein und motiviert so andere, ebenfalls nachhaltiger zu leben. Sie bloggt über Müllreduktion, faire Mode und vegetarische Ernährung. Gemeinsam mit ihrem Freund arbeitet sie an ihrem Tiny House Projekt.

1. Zero Waste ist Neuland für mich. Womit kann ich am besten anfangen?
Den meisten Müll kann man schon beim Einkauf von Obst und Gemüse sparen. Gerade auf dem Wochenmarkt ist der Einkauf von unverpackten Lebensmitteln sehr einfach, aber auch im Supermarkt kann man seine eigenen Gemüsenetze oder Stoffbeutel immer dabei haben. Ansonsten fand ich persönlich den Umstieg auf plastikfreie Produkte im Badezimmer am einfachsten. Hier kann man langsam nach und nach vorhandene Produkte wie Shampoo oder Zahnpaste aufbrauchen und Alternativen suchen.
2. Was hat dich überzeugt, einen Zero Waste Lifestyle zu starten?
Mich hat nicht nur der Müll in den Weltmeeren geschockt, sondern vor allem auch mein eigener Müll, den ich Woche für Woche zum Abholen an die Straße gestellt habe. Ich möchte langfristig so nachhaltig leben, wie ich nur kann, um den nachfolgenden Generationen nicht die Zukunft zu vermüllen. Dabei ist ein möglichst müllfreies Leben nur einer von vielen wichtigen Schritten für mehr Nachhaltigkeit!
3. Was ist dein besonderer Tipp zum Thema Zero Waste?
Ein müllfreies Leben ist kein Verzicht, sondern das Suchen nach Alternativen. Also trau dich zum Beispiel, dein Waschmittel selbst zu machen oder besuche neue Läden wie den Unverpacktladen. Am meisten Müll spart man aber immer noch durch weniger Konsum, weshalb ich empfehle, Möbel oder auch Kleidung zu pflegen, zu reparieren oder Second Hand zu kaufen.
Frau Schubert von Besser leben ohne Plastik
Schon seit 2013 lebt Nadine Schubert gemeinsam mit ihrer Familie ohne Plastik. Als freiberufliche Autorin motiviert sie ihre Mitmenschen, Plastik im Alltag zu vermeiden. Und das schnell und einfach — für die Umwelt und die Gesundheit. Ihr Know-How teilt sie in ihrem Buch, in Vorträgen und in Workshops.

1. Zero Waste ist Neuland für mich. Womit kann ich am besten anfangen?
Ich sage: In der Küche! Denn Lebensmittelvorräte braucht man schneller auf, als Waschmittel oder Shampoo. So kann man gleich beim nächsten Einkauf etwas ändern.
2. Was hat dich überzeugt, einen Zero Waste Lifestyle zu starten?
Das war 2013 ein Bericht im Fernsehen über Plastikmüll. Damals war das Problem Plastik noch kein Thema. Der Bericht hat mich so schockiert, denn er zeigte vermüllte Meere, sterbende Tiere und Weichmacher in Plastikverpackungen. Ich sagte sofort: Uns kommt kein Plastik mehr ins Haus, denn ich wollte weder für die enorme Umweltverschmutzung verantwortlich sein, noch meine Familie mit Plastik füttern.
3. Was ist dein besonderer Tipp zum Thema Zero Waste?
Mein Tipp ist kein Tipp, sondern ein Motto: Niemand soll denken, das Leben mit weniger Müll sei von Verzicht geprägt. Es ist eher ein Verweigern! Man befreit sich vom Konsumwahnsinn, kauft gezielter und selbstbestimmter ein und setzt somit ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft und wird auch zum Vorbild für Andere. Das spart Zeit und Geld, gibt einem aber auch ein gutes Gefühl. Und das ist unbezahlbar.
Anke von Wasteless Hero
Anke will den Menschen näher bringen, wie man weitgehend auf Plastik und Müll verzichten kann, dabei gesünder lebt, und nicht nur Geld, sondern auch Zeit spart. Sie teilt ihr Wissen auf ihrem Blog, in Vorträgen, Workshops und einem E‑Book. Außerdem betreibt sie einen Shop für plastikfreie und vegane Produkte für die Küche, das Badezimmer und unterwegs.

1. Zero Waste ist Neuland für mich. Womit kann ich am besten anfangen?
Am einfachsten im Badezimmer. Schau dir an, wo du hier Plastikverpackungen hast und brauche diese auf. Ist deine Flüssigseife leer, ersetze diese durch ein Stück Seife. Kauf mal Recycling-Klopapier anstatt 4‑lagiges. Gehe einfach mal am Wochenende mit deinem eigenen Beutel zum Bäcker, um Brötchen zu holen, so sparst du eine Papiertüte ein. Es sind die kleinen Schritte, die zählen.
2. Was hat dich überzeugt, einen Zero Waste Lifestyle zu starten?
Der übergroße Müllbeutel, den wir jede Woche in den Müll getragen haben. Ich bringe super ungerne den Müll raus, das war schon als Kind so. Irgendetwas fällt immer heraus, tropft oder Fliegen fliegen umher, oder, oder, oder. Es gab einen Tag, da war ich richtig überrascht, wieviel Müll wir in ein paar Tagen zu zweit produziert hatten. Papier, Restmüll und Biomüll ergaben einen 40 Liter Sack nach einer Woche.
3. Was ist dein besonderer Tipp zum Thema Zero Waste?
Wir haben uns jeden Raum einzeln vorgenommen. Erst haben wir unser Badezimmer auf Zero Waste umgestellt, danach die Küche, das Kinderzimmer und dann den Rest der Wohnung. So ist genug Zeit, um Alternativen zu finden und man fühlt sich anfangs nicht komplett überfordert. Veränderungen brauchen Zeit und die nimmt man sich so. Wenn einmal alles umgestellt ist, kann man sich gar nicht mehr vorstellen, wie es vorher war!
Manuela von Einfach Zero Waste leben
Manuela arbeitet als Autorin, Keynote Speakerin und Dozentin. Seit 2015 widmet sie sich intensiv dem Thema Müllvermeidung. Auch in ihren Büchern schreibt sie über das Thema. Mit Aktionen wie der großen Müllaktion “Gelber Sack” in Freising, die sie mitorganisierte, will sie die Menschen auf die Müllproblematik aufmerksam machen.

1. Zero Waste ist Neuland für mich. Womit kann ich am besten anfangen?
Mit dem, was dir Spaß macht! Du kannst beispielsweise immer eine Stofftasche mitnehmen, die ist auch beim Bäcker gern gesehen, Getränke immer in regionalen Mehrwegflaschen kaufen, mehr unverpacktes regionales und saisonales Obst und Gemüse kaufen, auf Miniverpackungen verzichten, Mikroplastik aus Kosmetikprodukten verbannen oder auch gerne mal was Gebrauchtes kaufen.
2. Was hat dich überzeugt, einen Zero Waste Lifestyle zu starten?
Meine drei Kinder und meine Liebe zur Natur.
3. Was ist dein besonderer Tipp zum Thema Zero Waste?
Überall gibt es unnötigen Müll, deshalb ist es relativ einfach, sich einen kleinen Bereich auszusuchen. Am besten man geht Schritt für Schritt vor, ist das eine Alltag, greift man die nächste Verpackung an. Und mal ehrlich, ein Kaffee aus der Tasse im Sitzen schmeckt doch viel besser!